20.07.10

episode 28

vier minuten! vier minuten in peers auto fühlten sich an wie eine halbe stunde im stau. das mach ich nie wieder, dachte sybille, mich von peer nach hause fahren lassen. nie wieder und wenn es noch so sehr schüttet, das halte ich nicht aus. das nächste mal nehme ich ein taxi. sie war mitgefahren, weil er heute mit dem flotten karmann ghia vorgefahren war und der versuchung konnte sie nicht widerstehen. peer hatte zwei wagen, einen alten saab kombi, den er zum einkaufen und offensichtlich als ablage benutzte. durch die heckscheibe konnte man sehen, dass die gesamte buchhaltung lose im kofferraum lag. was machte er, wenn eine steuerprüfung kam? kofferraum auf und bitte sehr? dann war da eben noch der rote karmann ghia. passte gar nicht zu ihm. das war doch, was den sportfaktor anging, eher ein ladies car. mit peer hinter dem steuer verschwand die mondäne kleinstadt eleganz des wagens und das gefährt schrumpfte auf die gestalt eines möchtegern porsche zusammen.
der regen trommelte aufs dach und peers gesabbel ergoss sich über den beifahrersitz. die rotphasen waren nachts quälend lang. wo hatte peer seinen urlaub verbracht? er warf mit namen nur so um sich: ... und dieses jahr und letztes jahr ... asturien ... auf dem weg nach portugal ... südostwind ... das funzt richtig ... immer windstärke 3,5 bis 7... riesenwellen ... und so weiter und so weiter. er musste irgendwo gewesen sein wo es eidechsen gab, denn er hatte sich nach dem urlaub ein neue tätowierung gegönnt:eine mit einem tribal verschlungene eidechse.
uuuh! eine eidechse mit roten augen und roter zunge. wie gefährlich! peer hatte tagelang mit einer um die wunde gewickelten klarsichtfolie am tresen gesessen. anstatt etwas langärmliges anzuziehen hatte er die ärmel seines tshirts hochgerollt und allen seinen versuppten oberarm unter die nase gehalten. die folie sollte schorfbildung verhindern. kein schöner anblick. genauso unschön wie peers urlaubsmitbringsel: frank, der neue kollege für die cocktailschicht. ein surfkumpel von peer, den er mit den worten vorstellte: „seid nett zu frank, bei den skills die er hat könnte er überall arbeiten!“ überall? gerne, aber warum hier? der war doch nur ein kleiderständer, mehr ein optisches konzept als ein vernünftiger barkeeper. möglicherweise konnte er gute cocktails machen, geschenkt, das konnte sie nicht beurteilen, sybille hielt sich während der arbeit lieber mit prosecco am laufen. frank nahm das mit der cocktailschicht überaus wörtlich und machte tatsächlich nichts anderes als cocktails, tänzelte dabei affektiert herum und spülte ab und an mit spitzen fingern ein glas. ansonsten kumpelte er mit peer herum. es gibt eine sorte von männerlachen, überlegte sybille, die mit fröhlichkeit nichts gemein hat. so ein augenzwinkerndes puffgelächter. erst klopfen sich die ärsche auf die schenkel, dann den frauen auf den hintern und dann steigen sie in ihren roten pseudo porsche mit kindersitz. peer gerierte sich fortwährend als übervater. er hatte eine umhängetasche auf der stand:„prenz’l berger papa“.
„wart’ mal, bille, ich mach dir mal die tür auf“. endlich waren sie angekommen. peer löste den sicherheitsgurt. bitte schön, wenn es unbedingt sein musste durfte er gerne den kavalier geben und die tür aufhalten, kein problem. aber er wagte sich nicht in den regen. er stützte sich mit der rechten hand auf ihren sitz ab und griff rüber, um die tür von innen zu öffnen. die tätowierte eidechse züngelte bedrohlich auf ihre brust zu. sybille presste sich mit aller gewalt in den sitz, um eine berührung zu vermeiden, aber es war schon zu spät. wie stellt man das an: vom beifahersitz aus dem fahrer in die eier treten?

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